In der Vergangenheit ist bei vielen Menschen der Eindruck entstanden, dass eine bösartige Erkrankung solider Organe entweder per Chirurgie (und der damit verbundenen Chance auf Heilung) oder per Chemotherapie (und damit einer Linderung des Leidens unter dem Verzicht auf eine mögliche Heilung) behandelt wird.
Diese Trennung entspricht seit einigen Jahren nicht mehr dem medizinischen Standard.
Um zu verstehen, in welcher Absicht Chemotherapie verabreicht wird und um Ihnen zu erklären warum Chemotherapie und Chirurgie immer öfter "Hand-in-Hand" gehen, ist es notwendig einige Begriffe zu erklären, die Sie in Zusammenhang mit Ihrer Therapie vielleicht schon gehört haben. Es ist wichtig zu wissen, dass die unterschiedlichen "Namen" mit denen die Therapie bezeichnet wird, keinen Rückschluss auf die verwendeten Medikamente zulässt.
Adjuvante Chemotherapie:
Die sogenannte "adjuvante" (von lat. adjuvare, „unterstützen“) Chemotherapie wird nach der chirurgischen Entfernung eines Tumors eingesetzt. Sie soll bei ungünstigen Eigenschaften des Tumors eine Verbreitung im Körper über Blut und Lymphbahnen bzw. das Wiederauftreten der Erkrankung zu einem späteren Zeitpunkt verhindern.
Neoadjuvante Chemotherapie:
Bei der neoadjuvanten (neo griech., „neu“ und lat. adjuvare, „unterstützen“) Chemotherapie soll ein Tumor aber (insbesondere auch Metastasen) vor der chirurgischen Therapie in einen Zustand überführt werden, in dem er leichter, schonender und sicherer entfernt werden kann.
Das Wort "neoadjuvant" wird oft auch in Zusammenhang mit der Strahlentherapeutischen Behandlung von Mastdarmtumoren verwandt (Neoadjuvante Radiochemotherapie). Auch hier wird mit einer Chemotherapie kombiniert behandelt bevor die chirurigsche Therapie erfolgt.
Die neoadjuvante Therapie ist insbesondere bei der interdisziplinären Therapie von Metastasen eine Weiterentwicklung der Medizin, die die erfolgreiche Behandlung von Erkrankungen ermöglicht, die früher durch den Einsatz einzelner und nicht kombinierter Verfahren unmöglich war.
Additive Chemotherapie:
Die additive Chemotherapie stellt die Gabe von Medikamenten dar, nachdem die chirurgische Entfernung von Tumoren oder Metastasen in Teilen des Körpers erfolgt ist. Die Kombination von Chirurgie und Chemotherapie soll eine möglichst vollständige Linderung des Leidens ermöglichen ohne, dass deren Ziel die unmittelbare Heilung der Erkrankung sein kann.
Palliative Chemotherapie:
Die palliative Chemotherapie zielt auf die Linderung des Leidens ab, ohne eine Heilung zu ermöglichen.
Hinweise zur Chemotherapie:
Die Grenzen zwischen oben genannten "Chemotherapien" sind heute jedoch fliessend. Manchmal ergibt sich nach der Gabe einer zunächst "palliativen" Chemotherapie durch das Ansprechen des Tumors oder der Metastase die Möglichkeit der Chirurgischen Entfernung. Im Rückblick würde diese Therapie dann als "neoadjuvant" bezeichnet. Wir möchten Sie nochmals darauf hinweisen, das die Art und Dosis der verabreichten Chemotherapie nie einen Rückschluss darüber erlaubt, in welcher Weise die Therapie eingesetzt wird (adjuvant, neoadjuvant, additiv oder palliativ). Es gibt daher auch keine "falsche" Chemotherapie, bzw. keine Chemotherapie die eine Operation unmöglich machen. Richtig ist, dass je nach verabreichtem Präparat unterschiedlich lange Pausen zwischen Medikamentöser und Chirurgischer Therapie eingehalten werden müssen.
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Besonderheiten der Chemotherapie bei Hirnmetastasen
Zur Chemotherapie von Hirnmetastasen liegen überwiegend retrospektive und nur wenige kleinere prospektive Studien vor. Bestimmte Eigenschaften von Zytostatika wie Fettlöslichkeit und kleine Molekülgröße sind Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz bei der Behandlung von Hirnmetastasen, da Substanzen mit diesen Eigenschaften die Blut-Hirn-Schranke einfacher überwinden können. Neue Studien belegen einen Effekt der systemischen Chemotherapie bei Hirnmetastasen, auch bei Verwendung nicht liquorgängiger Substanzen wie Platinsalzen, der mit demjenigen auf andere Metastasen im Körper vergleichbar ist. Trotzdem spielt die Chemotherapie bei der Behandlung von Hirnmetastasen immer noch eine untergeordnete Rolle. Dies gilt insbesondere, da eine komplette Remission von Hirnmetastasen unter systemischer Chemotherapie nur selten erreicht wird.